Alles zu den handelsrechtlichen Verträgen (2. Teil)

 

Allgemeiner Vertragsaufbau

Es bestehen keine zwingenden gesetzlichen Bestimmungen, wie ein schriftlicher handelsrechtlicher Vertrag aufgebaut sein muss. Die Gültigkeit eines Vertrags ist also nicht von seiner konkreten Ausgestaltung abhängig. Es haben sich jedoch im Geschäftsverkehr gewisse Strukturen und Vorgehensweisen etabliert, welche die Übersicht und Klarheit des Vertragsinhalts fördern.

Struktur und Gliederung: Ein Vertrag sollte eine saubere Struktur und Gliederung aufweisen, welche Regelungen aus bestimmten Themenbereichen (z.B. Gewährleistung, Haftung, Laufzeit oder Kündigung) in einzelnen durchnummerierten Abschnitten zusammenfasst. Je länger der Vertrag, umso wichtiger ist die logische Struktur.

Beilagen, Anhänge, Rahmenverträge: Manchmal genügt ein einziges Vertragsdokument, um eine Geschäftsbeziehung zu regeln. Teilweise gibt es Beilagen und/oder Anhänge, die zu den Vertragsdokumenten zählen. Bei komplexeren Vertragsverhältnissen kann auch ein Rahmenvertrag und für die jeweilige spezifische Leistung zusätzlich ein Einzelvertrag abgeschlossen werden. Auch hier können noch Anhänge und Beilagen hinzukommen. Zusätzlich gilt es meist auch noch, AGB, Datenschutzerklärungen und allenfalls separate Geheimhaltungsvereinbarungen zu integrieren. Bei Anhängen und Beilagen ist es wichtig, dass diese als explizit zum Vertrag zugehörig bezeichnet werden. Dies kann beispielsweise mittels der Bezeichnung «dieser Bauplan bildet integrierenden Vertragsbestandteil» oder «Anhang Nr. 1 zum Vertrag» erfolgen. Dabei sind Beilagen und Anhänge ebenso wie der Vertrag, auf welchen sich diese beziehen, genau zu bezeichnen. Besteht ein Vertrag aus mehreren Dokumenten, ist es wichtig, dass die Reihenfolge der Geltung dieser Dokumente ausdrücklich im Vertrag festgehalten wird. So wird gleichzeitig festgelegt, welchem Dokument bei Widersprüchen Vorrang zu kommen soll.

Präambel: Vor dem eigentlichen Vertragsinhalt wird oft in einer sogenannten «Präambel» der Hintergrund des betreffenden Vertrags umschrieben (d.h. Ziele, Absichten, Auseinandersetzung). Die Präambel gilt in der Regel nicht als eigentlichen Vertragsinhalt. Sie ist aber für das Verständnis des Vertrages wichtig und kann insbesondere für die Auslegung von unklaren Vertragsbestimmungen herangezogen werden.

Parteibezeichnungen und Vertragsart: Verträge beginnen in aller Regel mit der Bezeichnung der Parteien und der konkreten Vertragsart, wie z.B. «Kaufvertrag», «Werkvertrag», «Auftrag». Dabei ist von erheblicher Bedeutung, dass stets die exakten Parteinamen verwendet werden, so wie sie beispielsweise im Handelsregister (siehe www.zefix.ch) ersichtlich sind. Die genau bezeichneten Parteien können zusätzlich mit funktionalen Bezeichnungen wie beispielsweise «Käuferin, Verkäuferin, Werkbesteller, Werkunternehmer» versehen werden. Für die Redaktion des Vertrages werden anschliessend die funktionalen Bezeichnungen und nicht die Parteinamen verwendet. Diese Methode hat mehrere Vorteile. Bei Verträgen mit einer langen Vertragsdauer können so Umfirmierungen einer Vertragspartei einfach und schnell erfasst werden, ohne dass das ganze Dokument angepasst werden muss. Schliesst ein Unternehmen eine Vielzahl von identischen Verträgen mit unterschiedlichen Vertragspartnern ab, muss bei dieser Methode einzig der Name des Vertragspartners auf der Titelseite angepasst werden und nicht das ganze Vertragsdokument.

Vertragsinhalt: Im materiellen Teil des Vertrags werden schliesslich die Punkte, die zwischen den Parteien zu regeln sind, aufgeführt. Dabei ist besonders darauf zu achten, dass der Vertrag sämtliche wesentlichen Vertragspunkte widerspruchsfrei und klar festhält. Letztendlich ist es wichtig, dass aus einem Vertrag was folgt entnommen werden kann: Wer, wem, was, für wie viel bzw. gegen was, wann, wo und unter welchen Bedingungen (wie) zu leisten hat. Auch ein Unterlassen kann vertraglich geregelt werden. Hierzu gehört insbesondere die Definition der vertraglichen Hauptleistungen der Parteien, wie beispielsweise die Ware und deren Übergabe gegen Entgelt oder die Erstellung und Definition des Werkes sowie des Werklohns. Dabei ist die jeweilige Hauptleistung zu präzisieren. Dies bedeutet, dass beispielsweise nicht nur der Preis und die Währung oder die zu liefernde Ware festzuhalten sind, sondern auch die zugehörigen Modalitäten wie Fristen, Verzug, Ratenzahlung, Lieferfrist, Lieferort. Neben den Modalitäten der gehörigen Vertragserfüllung, braucht es auch Bestimmungen über die Vertragsbeendigung und für den Streitfall. Schliesslich muss sich der Vertrag auch mit Szenarien und Eventualitäten befassen, welche nach Einschätzung der Parteien bei der Vertragserfüllung auftreten können wie Nichterfüllung, Verspätung, Mängel, Schadenersatz, Haftung, Konventionalstrafen.

Zur Vermeidung von Missverständnissen und Widersprüchen sind eine klare Sprache und eine einheitliche und für beide Parteien verständlichen Terminologie besonders wichtig, wobei auslegungsbedürftige Begriffe beispielsweise direkt im Vertrag oder einem zugehörigen Anhang näher definiert werden können.

Vertragsbeendigung: Sog. Austauschverträge erschöpfen sich im einmaligen Austausch von Leistungen und sind entsprechend nach Austausch der betreffenden Leistungen ohne Weiteres erfüllt bzw. beendet (z.B. Fahrzeugkauf). Demgegenüber sind Dauerverträge auf repetitive oder anhaltende Leistungen ausgelegt (z.B. Mietvertrag, Darlehensvertrag, Serviceverträge, die meisten IT-Verträge) und die Parteien müssen entsprechend festhalten, wie und unter welchen Fristen der betreffende Vertrag beendet werden kann (z.B. Kündigungsrecht, Kündigungsfrist, Kündigungsmodalitäten).

Schlussbestimmungen: In den Schlussbestimmungen werden schliesslich allgemeine Themen abgehandelt, welche für die Auslegung oder Erfüllung der Vertragspflichten wesentlich sind (z.B. Schriftlichkeitsvorbehalt, Verrechnungsverbot, Rechtswahl und Gerichtsstand).

Unterschriften: Schliesslich enthalten schriftliche Verträge die Unterschriften beider Parteien, wobei zumindest alle Parteien unterzeichnen müssen, welche unter diesem Vertrag zu Leistungen verpflichtet werden sollen. Falls also im Vertrag eine bestimmte Drittleistung vereinbart wurde (z.B. Muttergesellschaft), ist der Vertrag für diesen Dritten erst mit Unterzeichnung bindend. Zudem muss die unterzeichnende Partei für das betreffende Geschäft zeichnungsberechtigt sein. Die Zeichnungsberechtigung ergibt sich bei aus dem Handelsregister, einer Spezialvollmacht oder dem Vertretungsanschein. Wer jedoch auf Nummer Sicher gehen will, sollte bei Geschäftstätigkeiten mit Unternehmen, die im Handelsregister eingetragen sind, auf einer Unterschrift gemäss Handelsregistereintrag bestehen. Aus dem Handelsregistereintrag ergibt sich zudem, wie eine Person zur Zeichnung berechtigt ist (z.B. Einzelzeichnungsrecht, Kollektivzeichnungsrecht zu zweien, etc.). Die Einsicht in das Handelsregister kann wie bereits erwähnt über das «Zefix» online erfolgen.

 

Beispiel eines Vertrages: Der Kaufvertrag

Parteibezeichnung:

Partei Nr. 1 (Verkäuferin)
Partei Nr. 2 (Käuferin)

Präambel

Ev. Reihenfolge von Vertragsdokumenten (1. Dieser Vertrag, 2. AGB)

Vertragsinhalt:

  • Hauptleistungen
  • Nebenleistungen
  • Leistungsmodalitäten und Preismodalitäten
  • Gewährleistung und Haftung
  • Leistungsstörungen
  • Konventionalstrafen
  • Kündigungsrecht und Kündigungsmodalitäten
  • Allenfalls Konfliktlösungsverfahren

Schlussbestimmungen

  • Schriftformklausel
  • Salvatorische Klausel
  • Verrechnungsverbot
  • Rechtswahlklausel
  • Gerichtsstandklausel, Schiedsgerichtsklausel

 

Ort, Datum, Unterschriften der Parteien (Zeichnungsberechtigung)

 

Vereinbarungen für die Verhandlungsphase

Teilweise werden auch bereits im Hinblick auf die Aufnahme von Verhandlungen Absprachen und Vereinbarungen getroffen. Die betreffenden Vereinbarungen haben keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung, sondern sollen nur das Vorgehen, sowie die Rechte und Pflichten der Parteien während der Verhandlungsphase definieren.

Letter of Intent: In einem «Letter of Intent» bekräftigen die Parteien in der Regel nur ihre Absicht, mit der anderen Partei in guten Treuen einen Vertrag mit einem bestimmten Inhalt zu verhandeln. Sie verpflichten sich aber dabei nicht zum Vertragsabschluss, sondern nur zur Verhandlungsaufnahme und einem anvisierten Zeitplan. Die Vereinbarung ist in der Regel also ohne rechtliche Bindungswirkung. Sie kann aber zu Schadenersatzansprüchen führen, wenn eine Partei einen Verhandlungs- oder Abschlusswillen nur vortäuscht und die andere Partei gestützt darauf Aufwendungen tätigt. Zudem können die Parteien in einem Letter of Intent durchaus auch bindende Verpflichtungen eingehen (z.B. Verpflichtung während einer bestimmten Zeit nicht mit Konkurrenten zu verhandeln).

Geheimhaltungsvereinbarungen: Während den Vertragsverhandlungen müssen die Parteien oft auch gewisse Betriebsgeheimnisse gegenüber der anderen Partei offenlegen (z.B. Produktgestaltung, Produktpipeline; Umsatzvolumen, geplante Markteintritte usw.), damit überhaupt sinnvolle Verhandlungen geführt werden können. Diese Informationen sollen aber vom Vertragspartner nur im Hinblick auf die angestrebte Zusammenarbeit verwendet werden, was in einer Geheimhaltungsvereinbarung bzw. einem Non-Disclosure-Agreement («NDA») verbindlich festgelegt und z.B. mit einer Konventionalstrafe abgesichert werden kann.

Term Sheets / Vorverträge: Bei grösseren Vertragsverhandlungen werden zunächst oft keine Verträge ausgestaltet, sondern die Parteien einigen sich lediglich auf gewisse Hauptpunkte (z.B. Haftung zu gleichen Teilen; Erbringung gewisser Leistungen zum Selbstkostenpreis; Verpflichtung gewisse Infrastrukturen oder Lizenzen bereitzustellen oder zu besorgen usw.). Sie verpflichten sich also, einen Vertag mit den betreffenden Hauptpunkten entsprechend dem sog. Term Sheet zu verhandeln und abzuschliessen. Da das Term Sheet alle für die Parteien wesentlichen Punkte enthalten soll, können die Parteien sich anschliessend in Gewissheit wiegen, dass eine sinnvolle Lösung gefunden werden kann. Auf der Grundlage eines Term Sheets kann beispielsweise ein (bewilligungspflichtiger) Zusammenschluss beantragt oder eine Zusammenarbeit gegenüber der Öffentlichkeit kommuniziert werden.