Das Kunsthandwerk im Portrait

Bern als Bundeshauptstadt ist auch Kulturstadt; sie bietet im urbanen Raum eine Lebens- und Arbeitsgrundlage für eine grosse Zahl von Kreativschaffenden im Bereich der angewandten Kunst. Das Spektrum reicht von der Glasbläserin über den Musikinstrumentenbauer bis zu der Mode- und Textildesignerin.

Von Barbara und Elisabeth Schürer, Fondation Jumelles

Corona macht dem Kunsthandwerk erneut einen Strich durch die Rechnung. Geplant wäre Ende März ein Parcours durch «offene Werkstätten und Ateliers» gewesen; mehr als 40 Kunsthandwerker und Gestalterinnen in der Stadt Bern wollten ihre Ateliers und Werkstätten dem Publikum öffnen und so auf ihr vielfältiges Wirken und Schaffen aufmerksam machen – zum zweiten Mal in Folge mussten die Europäischen Tage des Kunsthandwerks (ETAK) jedoch abgesagt werden.

Neben dem Konsum von in Massen hergestellten Industrieprodukten, gibt es eine Käuferschaft, die das handgemachte, zeitlose und nachhaltige Produkt sucht. Und gerade hier sind die Kunsthandwerkerinnen stark, denn sie können auf die individuellen Bedürfnisse und Wünsche der Kunden eingehen und quasi «custom made»-Produkte anbieten.

Der achtsame Umgang mit Ressourcen

Bis es so weit ist, müssen sie mit Ernsthaftigkeit und Leidenschaft, aber auch mit einer grossen Portion Wagemut und Durchhaltewillen ihren Weg gehen. Sie gehen lustvoll und mit Selbstbewusstsein ans Werk. Sie entwerfen, gestalten und experimentieren mit dem Material, das sie beherrschen. Dabei ist es für sie ganz selbstverständlich, dass sie sich Gedanken machen hinsichtlich der Langlebigkeit ihrer Produkte und damit einem achtsamen Umgang mit den vorhandenen Ressourcen, der umweltverträglichen Bearbeitung der verwendeten Materialien. Wenn erforderlich, kooperieren sie auch mit Kollegen und arbeiten partnerschaftlich mit andern Wirtschaftszweigen zusammen. Dabei scheuen sie den Wettbewerb nicht.

Der herausragende Vorteil des Kunsthandwerks

Neben den eigenen Neuschöpfungen müssen sie auch eine exzellente Service-Leistung erbringen, auf die individuellen Kundenwünsche eingehen können und sich nicht zu schade sein, Reparaturen an Objekten auszuführen, die sie nicht selber entworfen haben. Es ist ihnen ein Anliegen und eine Freude, kunsthandwerkliche Produkte instand zu setzen und zu erhalten.

 

Das Kunsthandwerk - Leidenschaft, Ernsthaftigkeit, Durchhaltewille

Die persönliche Handschrift und der direkte Bezug zwischen der Person, die ein Produkt gestaltet, und jener, die es in Auftrag gibt, ist der herausragende Vorteil des Kunsthandwerkes – auf einem zusehends sich weltweit vereinheitlichenden Markt der Dinge. Denn der handwerklich geschaffene Gegenstand spricht in der Hand des ihn Erwerbenden eine deutlich andere Sprache als das Massenprodukt.

All diese Kompetenzen, Eigenschaften und Fähigkeiten bieten eine grosse Chance, auch in Zukunft als Kreativschaffende im Bereich der angewandten Kunst bestehen zu können.

Stellvertretend für alle andern präsentieren wir Ihnen zwei Beispiele von Berner Kunsthandwerkerinnen, die für sich «einmalige» Nischen entdeckt haben.

 

 


Die Kreativwirtschaft - eine beachtlicher Wirtschaftskraft

Die Kultur- und Kreativwirtschaft hat sich in Bern zu einer beachtlichen Wirtschaftskraft entwickelt. Der Anteil des Kantons Bern an der Schweizer Kultur- und Kreativwirtschaft liegt bei über 10 Prozent – zu dieser Zahl kommt eine Schätzung der Zürcher Hochschule der Künste aus dem Jahr 2016. Einzelne Branchen aus der Kreativwirtschaft machen bis zu 15 Prozent aus; der Anteil des Kunsthandwerks liegt bei rund 14 Prozent. (rl)